Heute ein paar kurze Worte, Nennenswertes (zuletzt aktualisiert: 2018-03-17) zu Navitel für die³ App nicht kennen und auch nicht vorhaben die 7-Tage Trial vom Playstore zu installieren. Ich war neugierig die App für dieses subjektive Forumthreadprojekt zu testen. Was fällt auf?, was gefällt mir auf Anhieb?, worin liegen besondere Stärken?, sind meine gängigen positiv motivierten Fragen beim ersten Handhaben einer für mich neuen Navi App.
Die 3-D Grafik ist im 3-D Kartenmodus und (nordbaren!) 3-D Fahrmodus dieselbe, der begrenzt zoomfähige Perspektivenwinkel ist fest eingestellt (kein Kippen möglich), die 3-D Karte kann mit Finger(n) verschoben und gedreht werden, ähnlich wie im HERE WeGo Fahrmodus wo auch kein Kippen möglich ist. Wie bei Sygic u. WeGo werden (osteuropäische!) Wahrzeichenbauten in voller Pracht und alle anderen Häuser durch gleiche Bauhöhen abgebildet, mit dem Unterschied dass die Navitel 3-D Karte sämtliche Häuser auch von kleinsten Dörfern erfasst wie MapFactor-OSM. Wenn man also virtuell in 3-D durch die Gebäudeschluchten und engen Gassen einer kleinen Ortschaft mit dem Zeigefinger ziehen möchte, geht das nur mit Navitel, egal ob im Fahrmodus oder Kartenmodus. (****)
Das wirklich Besondere an der Navitel 3-D Kartengrafik ist allerdings deren Bemühen auch den Fahrbahnen eine 3-D Körperlichkeit u.a. durch Höhenunterschiede und Schattenwurf zuzuordnen. Straßenbrücken, Überführungen, Unterführungen, Tunnel, nicht nur bei sich überkreuzenden Autobahnen, werden dadurch plastisch vor Augen gehalten. Bei iGO hatte ich ansatzweise so etwas zum ersten Mal gesehen, hier wird das 3-D Straßenkonzept jedoch tiefer angegangen, auch durch den passablen Tiefenzoom. Um z.B. die räumliche Fahrbahnenverteilung des FRA Airport Ankunftbogen und Abflugbogen bis ins Detail zu entwirren, fand ich diese Art von aufwendiger 3-D Kartengrafik äußerst hilfreich. Inwieweit ein Fahrer Wissen über räumliche Fahrbahnverteilungen benötigt, möchte ich nicht bestreiten. Direkte virtuelle Erkundungen per Zeigefinger-Ziehen, d.h. ohne Navigationssimulation oder Fahrmodus, von Dörfergebäudeschluchten oder von mehrstöckigen Autobahnkreuzen sind imo Paradeanwendungsbeispiele für die Navitel App und die für mich einzig hervorstechende Funktionalität gegenüber anderen Navi Apps. (*****)
Navitel hat auch einen PLGA, sehr winzig, unscheinbar, unleserlich, und die PLGA-eigene(!) Timer-Anzeige, bestehend aus einem noch winzigeren weißen Balken der auf seine 100% Balkenvoll zusteuert, ist zwar informativ gemeint von den Machern aber am Ende mehr verwirrend als nütz. Da hätten die Macher den PLGA lieber komplett neu gestalten sollen. Kurzum, PLGA ist vorhanden aber imho gepatzt, ein Fail. Einzig die scrollende Animation der 1-2 Manövervorschaupfeile, vgl. TTGM, empfinde ich nicht als neuartige Spielerei (**)
Die Karte an sich sieht trostlos aus. Wie gesagt, alle Häuser Deutschlands werden als gleiche hohe 3-D Quader dargestellt, die Häuser sind also da, die Straßen auch. Jedoch fehlt der ganze Rest, als wäre unser Land eine gelbe Wüste. Stellenweise ist das Kfz-Straßenmaterial von vornherein unvollständig (=wird nicht in Zukunft ausgebessert werden), oder es fallen regelmäßig bestimmte Straßendetails der Vereinfachung auf die bereits aufwendig zu programmierende 3-D Kartografie zum Opfer. Immerhin scheinen die Spureninformationen für den PLGA nicht auch zum Opfer gefallen zu sein. POI's, Hausnummern, Straßennamen (im unpassend animierten Font) sind das einzige, was die Wüstenlandschaft aufpeppt. Hier und da steht mal willkürlich ein Ampel-Symbol, und Speedcams kennt die App auch nur für Ost-Europa, denn von dort stammt das Mapping und die Software. Navitel wird afaik in Czech Republic programmiert und ist besonders in Polen, Russland und Osteuropa führend und populär. Oder war. (***)
Navitel verfügt auch direkt über Live Verkehrsinfos, "jams" genannt also Stauinfos, ohne dass man sie umständlich hinzubuchen, bezahlen, oder aktivieren müsste. Navitel schlägt zu Anfang auch bei kurzer Start-Ziel-Entfernung drei Navigationsrouten vor, aus denen man eine wählt. Die "jams" werden dann nur innerhalb der vorgeschlagenen Navigationsroute als farbcodierte Streckenabschnitte (grün, gelb, orange, rot) visualisiert, nicht für den Rest der Karte. (***)
Die Bedienung der GUI finde ich ungelenk, aber das haben wohl so ziemlich alle Navi Apps gemein, d.h. an diesem Punkt sollte man sich nicht aufhängen. Bedienungsliebenswürdigigkeit kann schwer objektiv verglichen werden und soll auch nicht als ausschlaggebender Maßstab für Qualität oder Güte einer Navi App dienen. Mir gefällt, dass Navigationssimulationen von beliebig A nach beliebig B ohne Tricks sofort durchführbar sind. (***)
Die größte Schwäche in der Praktikabilität sehe ich in der wortkargen und zusammenhangslosen Voice Guidance (VG). Vor allem innerorts wird man als Fahrer nicht rechtzeitig auf bevorstehende Manöver vorbereitet, und auf Autobahnen klingt, als hätte die VG einen Sprung in der Platte ("…to the slip road …to the slip road …to the slip road"). Abgesehen davon, dass sich der Informationsgehalt von PLGA vs. 1-2 Manöverpfeilen regelmäßig beißt (was in der Natur der Sache liegt und in TTGM's PLGA elegant gelöst wurde), verwirrt die Wortkargheit, da der Zusammenhang bzw die Situation nicht klar ist, ob sich die VG auf den PLGA oder den nächsten Manöverpfeil bezieht, denn manchmal stimmt beides überein und dann wiederum nicht. Und ab und zu liegt die VG de facto falsch, egal welcher der drei Fälle der Fall ist. Wahrscheinlich leitet sich die VG nur vom ersten Manöverpfeil ab, nicht vom zweiten, und auch nicht vom PLGA. Das sture Wiederholen einer kurzen Anweisung kurz hintereinander kann aber missverstanden werden als ein 1-2 Manöver. Und hinzukommt, wie gesagt, der manchmal widersprüchliche PLGA. Alles irgendwie unstimmig und verwirrend? Stimmt genau. Spätestens hier vermisst man schmerzlich die zusammenhangsvolle Klarheit und Eindeutigkeit von Navigon's hervorragender VG oder auch TTGM's sehr guter VG. Die Navitel VG ist imho in keinem Fall ausreichend. Ich halte sie sogar für ungenügend. (*)
Damit ist alles Offensichtliche und Wichtigste über die App bereits gesagt. Die App hat zwar wie fast jede andere Navi App noch eine Hand voll zusätzlicher Sonderfunktionen aber die sind alle minor, vernachlässigbar für die Diskussion. Wer in der Pflicht patzt, darf keine Kür vortragen.
Fazit: Überspitzt formuliert denke ich, dass keiner in his/her right mind in Deutschland-Praxis Navitel bevorzugen würde. Das DE-Kartenmaterial ist löchrig (und teilweise einfach falsch!), die Voice Guidance unter aller ***, der PLGA leider unnütz, und Speedcams fehlen. Das reicht schon, um die App direkt wieder zu deinstallieren und sie nicht weiter auf Unterschiede zur Konkurrenz hin zu untersuchen. Das 3-D Straßenkonzept ist nur für einsame Stunden auf dem stillen Örtchen geeignet zum Herumspielen, Truckfahrer brauchen da etwas Professionelleres. Im großen und ganzen kommt mir die App nicht wie eine runde harmonische Sache vor, manche Stellen sind im Detail attraktiv ausgearbeitet, andere Stellen kommen mir grobschlächtig, unausgereift vor. Needing closure, um das Kapitel Navitel für mich persönlich abzuschließen, werde ich wohl in den kommenden Tagen eine Simulation aufnehmen, auf Youtube posten, und dann endlich die App deinstallieren. Weg damit, überhaupt keine Empfehlung. Für Kfz-Fahrer hierzulande gibt es klar bessere Apps wie TTGM oder Navigon!