Ich packe so gegen 11 Uhr an einem freien Mittwoch mein Handtuch, ein
Buch, eine Flasche ALDI-Mineralwasser und eine Flasche Sonnencreme
ein und setz mich ins Auto.
Natürlich müsste ich nicht mit dem Auto
fahren. Ich könnte ja auch mit dem Rad fahren. Aber Rad fahren ist
genauso doof wie Strassenbahn fahren... und zu Fuss geht nun
wirklich nicht!
Also, ich fahre zum Schwimmbad. Je näher ich dem
Schwimmbad komme, um so grösser wird die Zahl der Radfahrer, die mit
sonnigem Gemüt kreuz und quer nebeneinander und sowieso überall auf
der Strasse herumschlingern, die Sonnenbrille auf der Nase und
tonnenweise Krempel im Körbchen, wie zum Beispiel Luftmatratzen,
Kühlboxen, Sonnenschirme oder ihren Nachwuchs.
Man könnte glauben, manche wären aus ihren Häusern vertrieben auf dem Weg in die
Fremde... aber nein, sie wollen tatsächlich nur einen Tag ins
Schwimmbad. In tiefem Vertrauen auf den lieben Gott und meine Geduld
rauschen sie also unkoordiniert vor meinem Auto herum... aber ich
lasse mich nicht entmutigen und suche einen Parkplatz.
Schatten wäre toll. Am besten nicht zu weit weg.
Ich suche ungefähr eine halbe Stunde und stelle mich dann siebeneinhalb Kilometer vom Eingang
entfernt gegen die Fahrtrichtung im absoluten Halteverbot auf einen
sonnendurchfluteten Radweg, den die oben erwähnten Bekloppten
komischerweise eisern ignorieren.
Vor der Kasse steht eine riesige Menschenmenge. Darunter auch fünf ältere Herren in Team
Telekom-Outfits, die lauthals verkünden, dass sie nach 20 Kilometern
Rad fahren jetzt noch 25 Bahnen schwimmen werden...
Interessante Triathlon-Variante: mit dem Fahrrad ins Schwimmbad, mit dem
Krankenwagen wieder zurück.
Drei Teenies zwängen sich durch die Reihe nach vorn. Auf meinen freundlichen Hinweis, sie sollten sich
doch bitte hinten anstellen, antwortet einer mit einem ebenso
freundlichen: "Halt doch die Fresse, Schwuchtel!". Aber ich freu
mich einfach nur weiter auf das kühle Nass und passe nebenbei auf,
dass mir im Gedränge keiner den Geldbeutel klaut. An der Kasse mache
ich meinen Anspruch auf Ermässigung geltend. Die freundliche Dame
bittet mich herein, lässt sich Studentenausweis, Personalausweis,
Führerschein, EC-Karte, Organspender-Karte, Impfpass und
Geburtsurkunde vorlegen und unterzieht mich einem
Lügendetektor-Test. Nachdem das BKA meine Fingerabdrücke überprüft
hat gewährt man mir tatsächlich ermäßigten Einlaß in den
Badespaß-Park!
Ich suche mir ein nettes Plätzchen auf der Wiese,
lege mein original rotes Badetuch auf ein Ameisenloch und eine
alte Portion Pommes und freu mich auf den schönen Tag. Die Vöglein
singen, die Kinder schreien und die Kids nebenan erfreuen das ganze
Schwimmbad mit dem lieblichen Geschrei von Rammstein, welches aus
ihrem Ghettoblaster dröhnt.
Dann erfreu ich die Bienen und Wespen, indem ich mich von Kopf bis Fuss mit einer pampigen stinkigen
Sonnencreme einschmiere. Sofort summen sie lustig um mich herum...
Ach, das Leben ist schön! Nachdem ich mich eine halbe Stunde in der
Sonne geräkelt habe, bekomme ich langsam Durst und greife zu meinem
Wasser. Als ich gerade trinken möchte donnert mir ein Fussball
lustig hinten auf die Birne, was dazu führt, dass ich mir am
Flaschenhals ein noch lustigeres kleines Stück vom Schneidezahn
abschlage... Ich drehe mich um und da steht... so ein Zufall! Das
sympathische kleine Kind vom Eingang!
Entschuldigend sagt der Kleine zu mir: "Geb mein Ball her, du Missgeburt!" Da kann ich
natürlich nicht nein sagen und werf ihm den Ball zu.....
Im Schwimmbad ist es echt toll! Doch ein Schluck Wasser konnte mich
nicht wirklich erfrischen. Zeit für einen Sprung ins kühle Nass!
Nachdem ich einen netten Mann neben mir darum gebeten habe, doch ein
Auge auf meine Sachen zu haben, während ich schwimme, schlendere ich
zum Becken.
Hier ist es toll! Viele kleine Kinder rennen herum. Eins
rennt mir mit dem Kopf in die Eier und fängt an zu heulen. Die
Mutter schreit mich ein wenig an, was mir einfiele, so einfach am
Becken vorbeizugehen wenn ihr Kind da herumtobt. Ja, das tut mir
natürlich Leid... hätt ich auch wirklich besser aufpassen müssen.
Endlich bin ich im Wasser. Das ist echt schön! Das Sonnenöl von
tausenden Leuten schillert auf der Wasseroberfläche, durch die
Chlor-verätzten Augen scheint die Welt in einen lieblichen Schleier
gehüllt.
Ich tauche unter und geniesse gerade den Wechsel zwischen
kaltem Wasser und warmem Pipi als mir ein nettes kleines Kind vom
3-Meter-Brett auf den Rücken springt. Als ich japsend auftauche, um
mich zu entschuldigen, sehe ich, dass es ja genau das gleiche Kind
wie eben war! Hach wie nett! Hoffentlich hat es sich nicht weh
getan! Es hört auch tatsächlich gleich auf zu weinen, nachdem ich
ihm meine Uhr geschenkt habe. So ein liebes Kind! Raus aus dem
Wasser, zurück zum Platz.
Als ich dort ankomme, ist der nette Nachbar, der ein wenig auf meine Sachen aufgepasst hat, nicht mehr
da. Mein Geldbeutel auch nicht. Dafür aber sein Hund, der gerade
mein Schnitzelbrötchen frisst um danach in meinen Turnschuh zu
scheissen. Netter Hund!
Eigentlich bin ich sehr ausgeglichen...,aber
jetzt ist es doch langsam genug. Ich packe meine Sachen zusammen und
den blöden Hund in die Kühlbox seines freundlichen Herrchens.
Selbige lasse ich feierlich im Wellenbecken zu Wasser und schaü mir
belustigt den wilden Ritt an, während ich ein paar Takte "Surfin
USA" pfeife. Mit dem Handy des Herrchens rufe ich eine 0190-Nummer
an und werfe es dann aufs Dach der Umkleidekabinen. Jetzt hab ich
mich schon beinahe beruhigt.
Ich schlendere zu meinem Fussball-Freund, nehme ihm den Ball ab und schiesse ihn mit einem
beeindruckenden Vollspann aus einem Meter Entfernung direkt in sein
nettes Gesicht. Nachdem er nach hinten umgefallen
ist, nehme ich die Gelegenheit wahr, in seinem Rucksack noch ein
kleines Feuerchen zu legen und mache mich auf den Weg zum Ausgang.
Als ich am Beckenrand vorbeikomme sehe ich meinen Kumpel vom
3-Meter-Brett. Da der Bademeister gerade dabei ist, einen
Telekom-Opa aus dem Becken zu fischen nutze ich den Moment, schnapp mir die Badehose
des netten kleinen Schweinepriesters und hänge sie nicht weit entfernt
an einen hohen Ast.
Als ich am Ausgang ankomme schau ich mich ein letztes Mal um:
Der Fussball-Penner hüpft plärrend um seinen brennenden Rucksack herum
(das Feuer hat inzwischen auf benachbarte Bastmatten übergegriffen),
die kleine Nervensäge hüpft nackt unter dem Badehosen-Baum herum
(Umzingelt von kreischenden Mädchen) und der nette Nachbar sucht seinen Hund...
die fest verschlossene Kühlbox zieht immer noch ihre Bahnen im
Wellenbecken und das Handy funkelt mir lustig vom Umkleidendach zu. Die Rechnung
muss inzwischen bei etwa 98 Euro liegen... Als ich zum Auto zurückkomme hängt ein Strafzettel dran. Ich nehm
ihn ab, lese ihn aufmerksam durch und esse ihn auf.
Dann steig ich in mein brütend heisses Auto und denke: Gar nicht so schlecht, so ein Besuch im Freibad.